• San Remo, 25. April 1920: Die Premierminister von Großbritannien, Frankreich und Italien sowie der japanische Botschafter verabschieden eine Resolution, mit der die in der Balfour-Erklärung vorgeschlagene Idee der Errichtung einer jüdischen nationalen Heimstätte im historischen Israel völkerrechtlich verbindlich verankert wurde.
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Vor 100 Jahren: Das Versprechen von San Remo

Andrew Tucker - 29. April 2020

Im April 2020 war es hundert Jahre her, dass dem jüdischen Volk ein historisches Versprechen zuteil wurde. Am 25. April 1920 kamen die Premierminister von Frankreich, Großbritannien und Italien sowie der Botschafter von Japan und ein Vertreter der USA in der Stadt San Remo an der italienischen Küste zusammen, um darüber zu entscheiden, was mit dem Territorium des Ottomanischen Reiches, das sie im Ersten Weltkrieg besiegt hatten, geschehen sollte.

Unter dem Einfluss des neu gewählten Präsidenten der Vereinigten Staaten, Woodrow Wilson, hatten die Teilnehmer der vorangegangenen Pariser Friedenskonferenz beschlossen, den Völkern, die Österreich-Ungarn und dem Ottomanischen Reich angehört hatten, die Möglichkeit der Selbstbestimmung zu geben. Dies sollte dem System der Kolonisation ein Ende bereiten und den Anfang des „Selbstbestimmungsrechts der Völker“ einleiten, das ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs grundsätzlich ins internationale Recht aufgenommen wurde.

Das Mandat

Um diese Völker beim Übergang zur Selbstbestimmung zu unterstützen, entwickelten die Alliierten ein System der „Mandate“, die in der Vereinbarung des Völkerbunds „heiliges Gut der Zivilisation“ („sacred trust of civilization“) genannt wurden. In San Remo wurden drei Mandate in Nahost zugewiesen: Mesopotamien (später der Irak), Syrien und der Libanon, und Palästina. Alle Mandate wurden darauf vom Völkerbund, der damaligen internationalen Gemeinschaft, bekräftigt. In Anerkennung der historischen und religiösen Bande zwischen dem jüdischen Volk und der Region Palästina und der zunehmenden Gefahr des Antisemitismus war das Hauptziel des Mandats für Palästina, dass Großbritannien dem jüdischen Volk bei der Neugründung einer jüdischen Heimstätte in Palästina helfen werde. Das Mandat umfasste das gesamte Gebiet westlich des Jordans (das ist das heutige Israel zuzüglich des Westufers des Jordans und von Gaza) plus auch das Territorium östlich des Jordans, also des heutigen Jordaniens. Artikel 6 des Mandats erlegte Großbritannien die Pflicht auf, Juden zu erlauben Siedlungen in Palästina zu gründen.

Wider alles Erwarten

Es dauerte nicht lange bis Großbritannien das in San Remo Vereinbarte und Zugesagte ignorierte. Als erstes wurde das Territorium östlich des Jordans einem arabischen Emirat zugeteilt, wo Juden nicht (mehr) wohnen durften (Transjordanien, das heutige Jordanien). Weiters gab es in den Dreißiger- und Vierzigerjahren einen Vorschlag nach dem anderen den restlichen Teil Palästinas, nämlich jenen westlich des Jordans aufzuteilen und die Juden in ein winziges Stück des Landes zurückzudrängen. Die Araber weigerten sich jedoch gänzlich die Bestrebungen zur Gründung eines jüdischen Staates zu akzeptieren. Unterdessen brach in Europa erneut ein Krieg aus; das europäische Judentum wurde im Holocaust nahezu ausgelöscht. Während die arabische Welt großflächig versuchte das jüdische Volk in Palästina zu vernichten, gelang es den Juden wider alles Erwarten ihren eigenen Staat zu gründen, als das britische Mandat für Palästina endete. Im Mai 1948 entstand der Staat Israel.

Angeklagt

Seitdem kämpft das jüdische Volk einerseits in Kriegen um seine Existenz als auch bei den UN-Instanzen um das Recht als vollwertiges Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt zu werden. Bis zum heutigen Tag hört die internationale Gemeinschaft nicht auf Israel wie einen Bürger zweiter Klasse zu behandeln und glaubt, sie sei berechtigt zu entscheiden, wo Juden wohnen dürfen und wo Israels Grenzen liegen sollen. Die jüngste Entwicklung ist die Erklärung der Anklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag, Frau Fatou Bensouda, im vergangenen Januar. Sie möchte politische und militärische Führungspersönlichkeiten Israels wegen angeblicher Kriegsverbrechen im „Staat Palästina“ verfolgen. Bensouda zufolge sei die „Siedlungspolitik“ Israels, die es Israelis ermöglicht in Ost-Jerusalem (der Altstadt und Umgebung) und am Westufer des Jordans (Judäa und Samaria) zu wohnen, ein Kriegsverbrechen. Laut Fatou Bensoudas Ansicht läuft diese Politik auf eine verbotene „Verbringung“ der dort ansässigen nicht-jüdischen Bevölkerung in ein „besetztes Gebiet“ hinaus. Teil ihrer Argumentation ist die Behauptung, dass dieses Gebiet Teil eines „Staates Palästina“ sei.

Versprechen halten

Es scheint nun offensichtlich so zu sein, dass es ein Verbrechen ist, dass Israel Juden erlaubt sich gerade in jenen Teilen des Landes niederzulassen, von denen 1920 die internationale Gemeinschaft (der Völkerbund, dessen Beschlüsse von der Nachfolgeorganisation, der UNO, in ihrer Gründungscharta übernommen worden waren) beschlossen hat, dass dies die jüdische Heimat werden soll und Juden sich ansiedeln dürfen. Diametral dazu wird heute die Region, die als Teil der zugewiesenen jüdischen Heimstätte definiert worden war, als Teil eines palästinensischen (arabischen) Staates angesehen, in dem Juden nicht wohnen dürfen. Der Internationale Strafgerichtshof und andere Instanzen übernehmen einfach das Narrativ, das die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) seit Ende der Sechzigerjahre mit Hilfe von Mitgliedern der Arabischen Liga und vielen anderen Staaten verbreitet. Der Gerichtshof betrachtet die Palästinenser als Opfer israelischer (sprich: jüdischer) Aggression.

Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft sich dessen bewusst wird, dass das, was jetzt geschieht, eine fundamentale Verletzung ihres eigenen Versprechens ist, das dem jüdischen Volk vor hundert Jahren gegeben worden war. Es ist das Versprechen, dem jüdischen Volk inmitten der Völker eine sichere Heimat zu bieten.

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