San Remo 100

Die Balfour-Deklaration – 100 Jahre San Remo (Teil 1)

Hugh Kitson

Der 25. April 2020 kennzeichnet den hundertsten Jahrestag der San Remo-Resolution. Nicht viele Menschen auf der Welt, nicht einmal jüdische, einschließlich jener, die in Israel leben, wissen viel über diese San Remo-Resolution oder haben auch nur davon gehört. Warum ist sie so wichtig?

 

Von der Vision zum Völkerrecht

Chaim Weizmann, der später der erste Präsident des Staates Israel werden sollte, sagte in seiner Rede auf der jährlichen Zionistenkonferenz im Juli 1920: “Dies ist das bedeutendste politische Ereignis in der gesamten Geschichte unserer Bewegung – und es ist möglicherweise keine Übertreibung zu sagen, in der gesamten Geschichte unseres Volkes seit dem Exil.“ ¹

Auf der anderen Seite des Atlantiks erklärte die Zionist Organization of America: “dass der Beschluss des Obersten Rates der Hauptmächte der Alliierten“ – mit anderen Worten die San Remo-Resolution – “die britische Deklaration krönte“ – womit natürlich die Balfour-Deklaration gemeint war – “indem sie sie als Teil des weltweiten Völkerrechts in Kraft setzt.” ²

Die San Remo-Resolution war kein isoliertes Ereignis. Es gab eine Vorgeschichte beziehungsweise eine Reihe von Ereignissen, die zu ihr hinführten, und es gab weltverändernde Ereignisse, die sich aus ihr ergaben und die ein Jahrhundert später immer noch Auswirkungen haben. Dies ist der erste einer Serie von sechs Artikeln aus Prophecy Today UK, in deren Mittelpunkt die San Remo-Resolution steht.

Die San Remo-Resolution vom April 1920 ist in vielerlei Hinsicht für das jüdische Volk noch bedeutsamer als die Balfour-Deklaration vom November 1917. Die Balfour-Deklaration war rechtlich gesehen nichts anderes als eine Grundsatzerklärung einer Regierung. Die San Remo-Resolution und das daraus resultierende Mandat für Palästina, die beide die Balfour-Deklaration beinhalten, erhoben diese auf den rechtlichen Status eines internationalen Vertrags.

Die biblische Eigentumsurkunde für das Land Israel im Völkerrecht verankert

Die meisten Christen, die Gottes Liebe zu Israel und dem jüdischen Volk teilen, wissen, dass die  Eigentumsurkunde für das Land Israel als den Nachkommen von Abraham, Isaak und Jakob auf ewig gehörend, viele Male in der Hebräischen Bibel erwähnt wird. Das beste Beispiel dafür findet sich in 1. Mose, Kapitel 15, wo der Herr einen bedingungslosen Bund mit Abraham einging, insbesondere in Bezug auf das Land, das als Israel bekannt wurde. In San Remo im Jahre 1920 tat der Herr etwas Bemerkenswertes.  Er verankerte diese historische Eigentumsurkundeim Völkerrecht der modernen Zeit.

„In San Remo im Jahre 1920 tat der Herr etwas Bemerkenswertes. Er verankerte diese historische “Eigentumsurkunde“ im Völkerrecht der modernen Zeit.“


Theodor Herzls Vision für einen jüdischen Staat

Theodore Herzl. Foto aus dem Zionistischen Zentralarchiv.

Die Balfour-Deklaration war das entscheidende Sprungbrett, dass es dazu kam. Allerdings war das, was als Balfour-Deklaration bekannt wurde, keineswegs ein isoliertes Ereignis. Wir müssen dazu in die 1890er Jahre zurückgehen, als es einen Anstieg des Antisemitismus in Europa gab. Dieser wurde auch durch die Dreyfus-Affäre in Frankreich verkörpert, als ein jüdischer Armeeoffizier, Alfred Dreyfus, zu Unrecht des Hochverrats beschuldigt wurde, weil er Jude war. Unter denen, die über den Prozess berichteten, war auch ein jüdischer Journalist aus Wien. Sein Name war Theodor Herzl. Herzl erkannte, dass vor dem jüdischen Volk in Europa nur Verfolgung lag und veröffentlichte 1896 eine Broschüre mit dem Titel ‚Der Judenstaat. Im folgenden Jahr organisierte Herzl den ersten Zionistenkongress in Basel (Schweiz), bei dem er prophezeite, dass es innerhalb von 50 Jahren einen jüdischen Staat geben würde. Im Jahr 1900 fand der Zionistenkongress in London statt und Herzl sagte: “Der Zionismus fordert eine öffentlich anerkannte und rechtlich gesicherte Heimat in Palästina für das jüdische Volk. Dieser Grundsatz, den wir vor drei Jahren ausgearbeitet haben, ist unveränderlich”. ³

 

Die Christliche Vision für eine Rückkehr der Juden nach Israel

Neben Theodor Herzl in seinem Bestreben, einen jüdischen Staat in der Heimat der Vorfahren des jüdischen Volkes zu errichten, gab es einen christlich-anglikanischen Geistlichen, der Kaplan an der Britischen Botschaft in Wien war. Sein Name war William Hechler und er war in vielerlei Hinsicht so ‘zionistisch‘ wie Herzl selbst. Hechler war keineswegs der erste ‘christliche Zionist‘. In Großbritannien hatte die Erwartung der Wiederherstellung des jüdischen Volkes in seinem einstig Verheißenen Land im 17. Jahrhundert mit den Puritanern begonnen, auf die die evangelikalen Erweckungsbewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts folgten. Beinahe jeder christliche Leiter, den man aus dieser Epoche nennen könnte – unter ihnen die Wesley Brüder, William Wilberforce, Charles Simeon, Robert Murray M’Cheyne, Lord Shaftesbury, Bischof J.C. Ryle und C.H. Spurgeon, vertrat diesen Glauben. Christen in jenen Tagen blickten auf die Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus und sehnten sich mit einer Leidenschaft danach, wie dies in der heutigen Kirche nur noch selten zu sehen ist. Sie verstanden auch aus der Bibel, dass das jüdische Volk, bevor der Herr zurückkehren kann, in das Land Israel zurückkehren muss, und sie begannen, in Erwartung der Rückkehr des Herrn für diese Wiederherstellung zu beten. Ich glaube, dass die Balfour-Deklaration Gottes Antwort auf diese Gebete war, die sich mit Seinen Absichten völlig in Einklang befanden.


Die Balfour-Deklaration – die allmächtige Hand Gottes?

Die Balfour-Deklaration

Heutzutage würden die meisten Nichtchristen (und leider auch viele, die sich als Christen bezeichnen) einen solchen Glauben als Fanatismus, ja sogar als kriminell bezeichnen. Sie würden für die Balfour- Deklaration nichts anderes als den britischen Imperialismus verantwortlich machen. Zweifellos, britische geopolitische Interessen spielten bei der Abfassung der Balfour-Deklaration eine Rolle. Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs hat auch das benutzt!

Als sich die Mitglieder des Kriegskabinetts am 31. Oktober 1917 in Whitehall zusammensetzten um den endgültigen Wortlaut der Grundsatzerklärung, die als Balfour-Deklaration bekannt wurde, festzulegen, war die britische Regierung gar nicht in der Lage, sie umzusetzen. Ganz Palästina – wie es damals hieß – und ein darüber hinausgehendes Gebiet, befand sich fest in der Hand des Osmanischen Reiches, und dieses war entschieden gegen die Idee einer Jüdischen Nationalen Heimstätte. Was das Kriegskabinett zu dem Zeitpunkt, als es tagte, nicht wusste, war, dass die alliierten Streitkräfte Be’er Scheva eingenommen hatten und damit den Weg zur Eroberung Jerusalems und schließlich zum Zusammenbruch des Osmanischen Reiches geebnet hatten. War der Zeitpunkt dieses entscheidenden Sieges auf dem Schlachtfeld reiner Zufall, oder war es die allmächtige Hand Gottes?  Zwei Tage nach der Sitzung des Kriegskabinetts wurde Lord Rothschild ein Brief von Außenminister Arthur James Balfour übermittelt.  Gleichzeitig erreichte die Nachricht vom Sieg in Be’er Scheva London. Das Datum war der 2. November 1917.

„In Großbritannien hatte die Erwartung der Wiederherstellung des jüdischen Volkes in seinem einstig Verheißenen Land im 17. Jahrhundert mit den Puritanern begonnen, auf die die evangelikalen Erweckungsbewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts folgten.“


Eine positive Reaktion und ein Bekenntnis

Eine Reihe von Kirchenleitern reagierte positiv auf die Balfour-Deklaration, darunter drei römisch-katholische Bischöfe und vierzehn anglikanische Bischöfe. Der damalige Bischof von Lincoln schrieb: “Welcher Liebhaber der Heiligen Schrift und welcher Freund von Freiheit kann anders als frohlocken über die Aussicht, dass das hebräische Volk wieder in sein eigenes Land zurückkehrt?  Gott möge sie beflügeln!” In Großbritannien hatte die Erwartung der Wiederherstellung des jüdischen Volkes in seinem einstig Verheißenen Land im 17. Jahrhundert mit den Puritanern begonnen, auf die die evangelikalen Erweckungsbewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts folgten. ⁴

Jan Christian Smuts war einer jener zehn Männer, die an dieser bedeutsamen Sitzung des Kriegskabinetts am 31. Oktober 1917 teilnahmen. Er war auch einer der Verfasser der Satzungen des Völkerbunds auf der Pariser Friedenskonferenz 1919. Er sagte über die Balfour-Deklaration: “Die Christenheit, die den Friedefürst aus der jüdischen Nation empfangen hat, hätte nun die Möglichkeit, eine kleine Gegenleistung für jene unschätzbaren Segnungen zu erbringen und Israel in der alten, glorreichen Heimat wiederherzustellen.“

Er fuhr fort, dies sei “eine Ehrenschuld, die zur Gänze beglichen werden muss, um jeden Preis und unter allen Umständen“ .

(Übersetzung: Daniela Schmauz und Hans Weissenböck)

 

Mehr dazu sehen Sie in Episode 3 des Videos ‘Whose Land?’

 

Dies ist der erste einer Serie von sechs Artikeln aus Prophecy Today UK, in deren Mittelpunkt die San Remo-Resolution steht, und wird mit Genehmigung des Autors veröffentlicht.
>>Überblick über diese Serie


Quellen
1 Eröffnungsrede von Chaim Weizmann beim Zionistischen Kongress, London, 7. Juli 1920.
2 Interview mit Dr Cynthia Day Wallace in ‘Whose Land? Teil 1’, produziert von Hugh Kitson.
3 Rede beim Zionistischen Kongress, London, Juli 1920. Zitat hier.
4 Zitat aus einem Interview mit Dr Paul R Wilkinson (Autor von ‘Understanding Christian Zionism’) in ‘The Destiny of Britain’, produziert von Hugh Kitson.
5 ebenda

Titelfoto: Lord Balfour | Zionistisches Zentralarchiv

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